LEBEN UND WERK

Vincent Burek wurde am 18. Juli 1920 als erstes Kind von Marzian Burek, einem Kunst- und Grubenschmied, und dessen Ehefrau Maria im damals oberschlesischen Ruda geboren. Seine Kindheit verbrachte er mit seiner jüngeren Schwester Irene im damaligen Hindenburg (jetzt Zabrze), wo die Familie eine Wohnung in der Arbeitersiedlung der Borsigwerke bewohnte.


Nach der Schulzeit wechselte er auf die Meisterschule des deutschen Handwerks in Breslau, wo Burek freie und angewandte Kunst, Buchdruck und Gebrauchsgraphik studierte. Schon als 18-Jähriger erhielt er das Stipendium des Jahres, das ihm eine Studienreise auf den Balkan ermöglichte. Mit einer reichen Ausbeute an Landschaftbildern und Menschenstudien kam er bei Kriegsausbruch nach Deutschland zurück.











In noch friedlicher Zeit
um 1939



Bis zu seiner Einberufung blieb Burek an der Breslauer Akademie. Als Soldat kam er nach Russland, wurde bei Stalingrad gefangengenommen und blieb bis Kriegsende in Gefangenschaft am Ural. In zahlreichen erhalten gebliebenen Aquarellen und Federzeichnungen hielt er seine Erfahrungen von Krieg und Gefangenschaft fest. Bereits im November 1945 konnte er in die Heimat zurückkehren und ging zunächst nach Berlin, wo er als Illustrator für die Jugendzeitschrift "Horizont" arbeitete.


Kriegsweihnacht 1941

1946 heiratete er in Zwickau seine Frau Dorle und gelangte mit ihr über Schlitz in die hessische Schwalm nach Ziegenhain, wo das Paar 1947 eine neue Heimat fand.







Vincent Burek mit Dorle 1947

Vincent
war auf dem
Weg in die
Schwalm
zeitweise
auf der
Ottoburg
in Schlitz
zu Hause

Kolorierte
Zeichnung
(Tusche)
1947

Zwei Kinder wurden geboren und Vincent Burek verdiente den Lebensunterhalt in den besonders für Künstler auch schweren Jahren, da Kunst kaum nachgefragt war, zunächst mit Werbe-und Gebrauchsgraphik. Bis in die 1950er-Jahre war er auch als Bademeister im Ziegenhainer Freibad in den Schwalmwiesen tätig.



Die noch von den Erlebnissen des Krieges, von Gefangenschaft und Heimatverlust mitgeprägten Arbeiten der Nachkriegszeit sind verständlicherweise oft dunkel gehalten, vielfach als Kohlezeichnungen ausgeführt. Aber auch Aquarelle und Ölbilder entstanden in dieser Zeit, die durch ihre Farbigkeit nach und nach dem Licht mehr Raum gaben.









Burek Anfang der 1950-er Jahre beim Malen an der Schwalm.






Burek gehörte auch der "Gruppe Kassel" an und war Mitglied des Kasseler Kunstvereins und des Bundes deutscher Gebrauchsgraphiker. Seit 1948 beteiligte er sich an zahlreichen Ausstellungen.





Vincent Burek 1955

Die hessische Schwalm ist eine Landschaft, die Künstler bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert oft und gern aufsuchten. So entstanden hier die so genannten "Malerkolonien" Röllshausen und Willingshausen. Burek fand in der Schwalm in den Künstlern Henner Knauf, Günther Heinemann und Paul Halbhuber Freunde, mit denen er die "neue gruppe schwalm" gründete. Ihr Ziel war es, die traditionelle Schwälmer Malerei weiterzuentwickeln und mit neuen Techniken und einer anderen Bildsprache neu zu gestalten.






Günther Heinemann (1914-1999)
aus Willingshausen
war mit Marianne Thielmann verheiratet.
Beide gehörten zum engen
Freundeskreis Bureks.

Henner Knauf
(1901-1976)
mit Vincent Burek.

Knauf stammte aus Zella und  war einer der letzten  traditionellen  Schwälmer  Maler.



Neben der Aquarell- und Ölmalerei widmete sich Burek aber auch weiterhin den
graphischen Techniken, besonders dem Linolschnitt. Er griff zahlreiche Schwälmer Motive auf und gestaltete sie in abstrahierender Formsprache mit klaren Linien und intensiven Kontrasten neu.





Beim Besuch der documenta 1968

In den 1950-er und 1960-er Jahren entwarf er zudem Kirchenglas- und Glasschlifffenster, unter anderem für den Senatssaal der Justus-Liebig-Universität in Gießen, erstellte Industriedesign-Entwürfe und war auch weiterhin als Werbegrafiker tätig. Bureks Wandgestaltungen an Bauten des öffentlichen Raumes sind vor allem in Nord- und Mittelhessen noch zahlreich erhalten. Dazu zählen Sgraffiti, Mosaikarbeiten und auch Wandteppich-Entwürfe. Leider sind diese zum Teil aber auch bei Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten verlorengegangen, so vor einigen Jahren die großflächige Wandgestaltung am Gebäude der Schwalmschule in Treysa und 2020 ein fast 40 Meter langes Wandmosaik an der Ziegenhainer Grundschule am Alleeplatz.


















Wandbildentwurf Schwalmschule Treysa



Vincent Burek gründete auch das Kunstkabinett im Museum der Schwalm in Ziegenhain, das er selbst leitete und in dem sich bis zuletzt sein Atelier befand.















Ausstellung
Maler der Schwalm
1972
im Kunstkabinett

Ausstellung
mit
Holzschnitten
von
HAP Grieshaber
(1909-1981)
im Kunstkabinett

Burek beim
Vorbereiten
einer
Ausstellung
des Kasseler
Künstlers
Walter Nikusch
(1908-1987)


Auch die Gründung der Künstlervereinigung "Zwalmbruecke", die sich 1974 bildete und zu einem regen Austausch und zu Begegnungen von Malern aus der Schwalm und der belgischen Region um Munkzwalm geführt hat, ging mit auf Bureks Initiative zurück.
Burek schrieb im Ausstellungskatalog: "Sie vereint Künstler, die bereits in Flandern und Hessen und über deren Grenzen hinweg bekannt geworden sind. Ihre Aussageformen sind so verschieden, wie sie es innerhalb der reichen Möglichkeiten moderner Kunst nur sein können. Es eint sie das ausgeprägte Gefühl für die Qualität einer künstlerischen Arbeit und der spürbare Drang, neue Ufer zu gewinnen, durch den eine Bestrebung erst wesentlich wird. ... Heute kommen fortschrittliche künstlerische Impulse nicht nur aus den Städten, sondern auch vom Land her und finden nicht nur in den Lebenszentren, sondern auch in kleinen entlegenen Gemeinden aufnahmebereiter Menschen ein Echo."

Katalog
zur Ausstellung
1974


1971 erschien der Band
"Grafik aus der Schwalm"
mit Bureks Linolschnitten

Vincent Burek starb am 21. Dezember 1975 im 56. Lebensjahr, knapp fünf Jahre nach Gründung des Kunstkabinetts, in seiner Heimatstadt Ziegenhain.


















Ihre letzte Ruhe fanden
Vincent und Dorle Burek
auf dem Friedhof in Ziegenhain.
Das in den Grabstein eingesetzte
Mosaik zeigt die Hl. Elisabeth
und stammt von einem Entwurf
für Bureks Auftragsarbeit
im Diakonissenheim in Kassel.